Wir sind jung und Schön

 

Gesamtdatei "Wir sind jung und schön" (1,0 MB pdf, auf Anfrage)
Auszug/ Kapitel "Schachtelträume"
(0,1 MB pdf)
Auszug/ Kapitel "Mercurius" (0,04 MB pdf)
Auszug/ Kapitel "Switch" (0,03 MB pdf)
Auszug/ Kapitel "Gier nach Dir" (0,05 MB pdf)
Auszug/ Kapitel "Und dann kam doch alles anders" (0,05 MB pdf)
Auszug/ Kapitel "Die lachende Hausfrau" (0,05 MB pdf)

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Nach zweijähriger Pause wurde Anfang 1994 mit "Wir sind jung und Schön" begonnen. Zunächst ergab sich ein Entwurf von etwa 15 Seiten. DIe Sache blieb wegen Berufsbeginn und privaten Umstrukturierungen mehrfach hängen. Um 1997 folgten einige Passagen im Mittelteil. Erst nach 2001 wurde konsequent an ein Ende gedacht und bis Mitte 2003 alles verfugt. Anfang 2004 wurde
insbesondere in den ersten 10 Seiten nochmals überarbeitet.  Verlagsveröffentlichungen wurden versucht, nach erfolglosen Ansätzen aber nicht weiter betrieben. Das Stück schien unbesehen gleich wieder im Postausgang der Sekretariate zu landen. Es entspricht offenbar zu wenig den gängigen und griffigen Marktmustern - was aber zugegebenermaßen bezweckt war, insofern darf ich mich nicht wundern.....


Der Text ist wesentlich autobiographisch, enthält jedoch Verfremdungen und Surrealia.
Es sollte sich beim Lesen ergeben, wo Übertreibungen sind. So ist zum Beispiel die Amalgamvergiftung echt und nicht übertrieben. Der gleich am Anfang geschilderte Alkoholexzess ist Phantasie. Ich denke doch, es ist einleuchtend, daß niemand zum Frühstück zwölf Flaschen Wein trinken kann.

Der Inhalt läßt sich nicht punktgenau zusammenzufassen. Beschrieben ist eine Spanne von 1966 bis zur Jahrtausendwende im süddeutschen Raum. Ein kleiner Junge gerät beim Sinnieren über die Zeit in eine blaue Truhe und verfängt sich dort geistig.
Zum Schluß wird er befreit.
DIe Zwänge der Truhe wirken anfangs stark und äußern sich in einem nur wie von fern erlebten Leben. Es stehen immer wieder Rückschläge an und sonderbare Krankheiten.

Tragende Strukturen entstammen der Phantastik, dem Entwicklungsroman, aber auch der Enthüllungsstory. Der novellistische Anfang verzweigt in zeitlich gestaffelte Retrospektiven und findet am Ende wieder zu sich selbst.
Stilistisch reihen sich expressive, ironische, kabaretthaft überhöhte, aber auch mehr impressive Phasen. 
Wie in früheren Stücken male ich deutliche Bilder, gebe farbige Beschreibungen und versuche den Ton einer durchklingenden Grundmelodie.
Zuvorderst orientiert sich die Erzählstrategie jedoch an der jeweiligen Umgebung des kleinen Jungen. Der Text gibt sich naivistisch und verbleibt im Zweifel als einfache Erzählung.

Immer wieder eingeflossen und mehrfach strukturtragend sind einerseits das typische Ambiente der jeweiligen Zeit, andererseits die grundsätzlichen Unbegreiflichkeiten im menschlichen Sozialverhalten.
Zu nennen ist eine Amalgamvergiftung der Erzählperson, die als solche von der Umwelt wie ein klassisches Tabu verhandelt wurde. Dies erstaunlicherweise und sehr konsequent von Ärzten aller Fachschaft, aber auch sonst von fast jedem, dem man damit kam.

Gleichzeitig zeigte sich dem übersensibilisierten Verstand die überaus mannigfache Reaktion eben dieser Umwelt in eindringlicher Weise. Diese Reaktion war nämlich durchaus vorhanden, schillernd, sonderbar, unbegreiflich - aber eben trotzdem ignorant gehalten, immer irgendwie vor sich selbst versteckt.
Nicht selten erschien diese Groteske schlimmer noch als das Problem selbst.

Die Analyse der geschilderten Tabusituation führte zu dem erstaunlichen Schluß, daß hinter aller fortschreitenden Moderne und Technik weiterhin unwahrscheinlich archaische Verhaltensmuster wirken. Im Grunde hat sich der Mensch offenbar nur wenig entwickelt.

Da wird kaschiert, ignoriert, arrogant präsentiert. Entscheidungsträger glänzen mit der  Unfähigkeit, einfachste logische Schlüsse zu ziehen oder kultivieren den Unwillen, sich geistig ein wenig zu bewegen. Man begegnet fehlgeleitetem Besitzdenken, Eifersucht, Neid, vagabundisierender Angst. Man stößt auf Kontaktverweigerung, Konsumhörigkeit und dem regelrechten Abfeiern von Vorurteilen. Nicht selten lodert Zerstörungslust, wo Schwäche und Hilfsbedürftigkeit zu unharmonisch stören.

Dies alles scheint leider über die Situation hinaus analogisierbar - wirkt sozusagen auch andernorts und bildet das langsam greibar werdende Hauptproblem der sogenannten Postmoderne.

Fast schon versöhnlich wirkt der Abspann der Geschichte, wo noch einmal Fetische und Ikonen der Konsumgesellschaft angerufen werden. In einem Taumel von Schaumbädern, Kaffeemarken und Fertiggerichten erscheint endlich die gute Fee und erlöst den Jungen aus seiner Truhe und der Zeitspirale, in der er über alle Kapitel hinweg gefangen war.


Augsburg im Januar 2005

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Zuletzt geändert: 03.04.2011, 21:21:40