Im
Einzelnen ein Projekt der Stadtverwaltung, des Stadtrates, des
Wasserwirtschaftsamtes; jedenfalls zuständiger und
naturliebender
Stellen. Die Wertach ist ein Fluß, soviel ist sicher, der
Augsburg westlich durchzieht. 1999 hatte er mal Hochwasser, oder sie.
Weil ein Wehr brach irgendwo gab es auch viel zu leiden. Der Wehr oder
das, ist wieder ganz. Einen anderen flußabwärts hat
man
gleich völlig entfernt. Weil wo kein Damm ist kann auch keiner
mehr brechen. Die Reste stehen jetzt im Zoologischen Garten. Die
Wertach oder der, hat sich seither massiv eingegraben. Man sieht jetzt
im Flußbett sogar Spuren römischer
Brückenköpfe,
keltischer Fischerdörfer und bronzezeitlicher
Erstbesiedlungen.
Selbstverständlich ist das geheim und muß es
bleiben, sonst
wäre das Denkmalamt zuständig und dieses mag man
nirgendwo
gerne.
Vital, weil sich
das engagiert anhört. Möglicherweise
auch weil in
der Nähe einige Seniorenheime sich befinden.
Hier gibts mehr Wertach Vital. 2005-3/2011
Tragische Irrtümer
Der
ehrenhafte Mensch
(ist eher dort wo man ihn nicht
vermutet und dort nicht wo man ihn
annimmt)
Wo also nimmt
man ihn an? Bisher im
Kreise der Ärzte, Richter, Wissenschaftler - beispielsweise. Diese
Menschen sind von Haus aus selbstlos, nur einem überragenden Ideal
verpflichtet. Der Gesundheit, der Gerechtigkeit, der heren
Wissenschaft. Wenn einer aus dem Volke zaudert, stolpert, erkrankt -
dort wird er Genugtuung finden, echte gottähnliche Hilfe. Auch das
Volk als Masse profitiert von ihnen, niemand arbeitet ihm so wirksam
zu, gestaltet, erfindet, visioniert, trägt die schwerste Last ohne
Murren.
Tatsächlich
war das so gedacht und hat diesen Berufenen
auch viel Vorschußlorbeer, Achtung, Vergünstigungen
eingebracht. Ideologischen Freiraum, der wo anders schon lange
Mangelware ist. Laßt uns alles von dort Kommende weiter pauschal
für bare Münze halten! Sonst würden wir in Depressionen
versacken und einen Arzt aufsuchen müssen..
2005
Multitasking
Mehrere Aufgaben gleichzeitig zu erledigen, bzw. das zu
können.Bekannt von Musikern, die einige Rhytmusinstrumente simultan
bedienen und darüber hinaus singen, sich mit dem Publikum unterhalten oder
jonglieren. Ähnlich Frauen, die
einparken, obendrein telefonieren und mit dem Beifahrer reden.Das Multitasking zerfällt derzeit in seine Einzelteile und
versucht gleichzeitig über sich selbst hinauszuwachsen. So kann es geschehen,
daß man sich beim Gehen wundert, nebenbei mit seinem BegleiterIn zu sprechen
und verwirrt inne hält.Andererseits ist es im Beruf zur Gewohnheit geworden,
vielerlei Offenes auf dem Tisch zu haben, der Kopf in den Emails steckt, man
Telelonate entgegen nimmt, dem Postboten öffnet und Mitarbeitern Anweisungen
gibt, obwohl man eigentlich auf die Toilette wollte. Vom Essen ganz zu
schweigen.Jüngere Zeitgenossen wachsen bereits im Multitasking auf,
erledigen während des Alltags an ihrem Spartphone lückenlos eine Vielzahl von
Tasks und Tippereien, befragen Naviapps, während sie den Weg in die
Nachbarstraße suchen, joggen, essen, fröhlich mit anderen beisammen sind oder
sich mit ihrem Liebsten getroffen haben.
Allgemein noch undiskutiert, aber bemerkenswert ist der
Multitaskingentzug.Er tritt im Büro auf bei Über- oder Unterschreitung des
bekannten Multitaskinglevels und erzeugt Ratlosigkeit mit stundenlanger
Aktionshemmung. Ähnlich bei der jüngeren Generation, wenn sie zwischen
Einschlafen und Aufwachen ohne Smartphone ist. Insbesondere während wacher
Zwischenphasen oder wenn sie sich wundert geträumt zu haben obwohl das Handy
ausgeschaltet war. Dann ist es gut, es immer angeschaltet bei sich zu haben.
Als miterheblicher Entzugsfaktor sei auch der Strahlungsentzug zu diskutieren.Man begegnet ihm im tiefen Wald, Funklöchern oder
WLAN-freien Wohungen, deren fehlgeleitete Bewohner offenbar nur an sich denken
und sich womöglich freuen, wenn sich Strahlungsbedürftige in ihre Nähe verirren
und dann leiden müssen – oder gar gesunden und dafür üblicherweise keinerlei
Erklärung finden. Wie fies ist das denn.
2/2021
Volksweisheiten und ähnlich
Gereimtes
Bei
Aussagen, besonders Wahrheiten und Erkenntnissen, ist der Kontext überaus
entscheidend. Einige werden sich noch an den Schulunterricht erinnern, wo es zu
Beginn einer Aufgabe zum Beispiel hieß „Menge der x für die gilt...“.
In
der klassischen Wissenschaft geht man von einer Eingangsannahme aus und muß
diese, wenn sie nicht trivial ist, auch benennen. So läuft es wiederum mit
Hypothesen. Angenommen gewisse Vogelarten könnten plötzlich nicht mehr fliegen
– was würde sich daraus ergeben? Angenommen, es gäbe keine Menschen mehr, was
daraus?
Einfache,
zuweilen auch polemisch orientierte Zeitgenossen unterlaufen das und lassen
Kontexte weg (oder speisen sie als trivial ein). Propaganda arbeitet ähnlich
und verzaubert durch das verdeckte Zufügen von wirksamen Kontexten, die an der
Stelle gar nicht vorhanden sind.
Dieses
„Wenn – dann“ und der hypothetische sowie der thesenartige Ansatz sind
grammatikalisch dem Konjunktiv zuzuordnen. Wenn ich eine Million hätte, würde
ich nicht mehr arbeiten. Wenn morgen die Welt unterginge würde ich heute noch
ein Apfelbäumchen pflanzen. Wenn X der Täter wäre, wäre Y der Mittäter. Wenn
ich besser aufgepaßt hätte, wäre das nicht passiert. Wenn wir ein Auto hätten,
müßten wir morgen nicht laufen. Ich könnte mir vorstellen, nach Italien zu
fahren.
Der
Konjunktiv ist allgegenwärtig. Er träumt auch gerne, malt sich aus, visioniert,
ist kreativ. Er ist geradezu eine determinierende Größe des Menschseins.
Trotzdem
ist seit Jahren festzustellen, daß er den Menschen abhanden kommt. Er ist
irgendwie out, wird von vielen ´nicht mehr gekonnt´.
Wenn
ich eine Million hätte, würde ich nicht mehr arbeiten. Wieso? Du hast doch gar
keine Million ! Und wir müssen leider laufen, haben nunmal kein Auto !
Und
warum könntest du dir Italien nur vorstellen, wie diffus ist das denn – willst
du nun nach Italien fahren oder nicht ?
Der
Konjunktiv ist nicht weg, er wurde okkupiert.
Wenn
wir denken wir hätten die Wahl, so wurde die Wahl doch längst für uns
entschieden und wenn wir ein Bananenjoghurt kaufen wollen, so wird es das nicht
geben sondern gar keins oder 100 andere die man uns zu wollen lehrt und wir
merken, wie gut das ist. Wenn wir die Impfung hätten, würden wir wieder in die
Ferien fahren können. Wenn wir uns wohlverhalten, wird alles gut. Wenn wir
nicht solidarisch sind, wird alles schlimmer. Wenn wir nicht gehorchen werden
wir bestraft. Wenn wir träumen, sind wir gefährliche Phantasten.
Wenn
wir leben, ist das nur die gesteuerte Illusion einer Matrix. Wenn wir denken
wir seien wer, so sind wir doch nur ein Bündel Zellen. Wenn wir sprechen, so
spricht es mit uns und wenn wir denken, dann denken wir zu denken.
4/2021